Strände sind die Schreibtafeln der Meere. Mit jeder Welle werden Bruchstücke vergangenen Lebens angespült – vom Salz durchlöchert, vom Sand geschliffen, vom Meerwasser gebleicht. Fern künstlicher Bildwelten nimmt die Seele hier ein Bad, erfrischt von Schaumschleppen anrollender Wellenkämme oder gar Wogen, deren wie Pailletten glitzernde Bläschen sich im Nu verflüchtigen, in Nichts auflösen. Beste Voraussetzungen zum Lesen und Innehalten, zum Nachsinnen und Schreiben.
Lange vor Schuleintritt lernte ich an der Ostseeküste vor den Toren meiner Heimatstadt Hamburg schwimmen. Schon bald entstanden erste Strandtagebücher, geschmückt mit getrockneten Dünengräsern und selbst erdachten Meersgeschichten. Später kamen Zitate prominenter Ostseegäste hinzu. Und eine Sammlung historischer Ostseereiseführer.
Als Featureautorin des NDR und DLF erkundete ich nach meinem Studium der Geisteswissenschaften (Psychologie/Soziologie/Geschichte) erstmals 1983 Rügen und Hiddensee. Im Gepäck: Fotoalben meines Vaters, der als DLRG-Profi wie ein Seehund tauchte und in den letzten Jahren der Weimarer Republik von der Lübecker Bucht über das Fischland bis nach Usedom mit seiner Leica unterwegs war. Jene Epoche machte ich zum Hauptthema meiner Tätigkeit als Dozentin an der Universität Hamburg: im Mittelpunkt die Biografien jüdischer Wissenschaftler, Schriftsteller, Künstler. Viele von ihnen weilten vor ihrer Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland zur Sommerfrische an der Ostsee. Einer ihrer Sehnsuchtsorte war Ahrenshoop.
Von Frühling bis Herbst biete ich Literarische Rundgänge durch die einstige Künstlerkolonie an. Zum Salzen der Sinne außerdem: Schreiben am Meer und individuell gestaltete Notizhefte für Skizzen und Ideenstrandgut, derweil die Silbermöwen am Himmel ihre Kreise ziehen.